Die Probezeit:
Fahrerlaubnis »auf Bewährung«

Führerschein, Probezeit

Der erste Führerschein wird für zwei Jahre auf Probe erteilt. Durch falsches Verhalten im Straßenverkehr kann sich die Probezeit aber auf vier Jahre verlängern. Statistisch gesehen kommen aber mehr als 80 Prozent aller Fahranfänger ohne größere Probleme durch diese wichtige Phase.

Fahranfänger erhalten die erste Fahrerlaubnis ihres Lebens auf Probe (das gilt jedoch nicht für Führerscheinklassen L, M, S und T). Der Führerschein ist zwar voll gültig, aber nach bestimmten Verkehrsverstößen muss an einem Nachschulungskurs bzw. Aufbauseminar teilgenommen werden.

Nachschulungskurs und Aufbauseminar sind eigentlich dasselbe, aber der Begriff »Nachschulung« wird im Gesetz nicht mehr benutzt. Nach der Teilnahme an einem Aufbauseminar wird bei einer zweiten Auffälligkeit innerhalb der Probezeit eine individuelle verkehrspsychologische Beratung empfohlen (nicht vorgeschrieben), mit der man außerdem noch 2 Flensburger Punkte abbaut. Bei der dritten Auffälligkeit innerhalb der Probezeit ist dann der Führerschein weg. Man wird dann mindestens ein halbes Jahr zum Fußgänger.

Wie lange dauert die Probezeit?

Solange man unauffällig und korrekt fährt, dauert die reguläre Probezeit zwei Jahre. Bei der Berechnung des letzten Tags muss man allerdings aufpassen: Die zweijährige Frist beginnt erst um Mitternacht nach der Aushändigung des Führerscheins! Man kann also sagen, die Probezeit dauert "zwei Jahre plus dem Rest von heute". Ein Beispiel: Wer am 2. Januar des Jahres 2010 frühmorgens den Führerschein erhält, dessen reguläre Probezeit endet erst mit Beginn des 3. Januar 2012 um 0 Uhr, das heißt, der gesamte 2. Januar zählt, zwei Jahre später, immer noch mit zur Probezeit!

Für Fahrer, die in den ersten zwei Jahren einen schweren Verkehrsverstoß begangen haben (beziehungsweise zwei weniger schwere Verkehrsverstöße) und deshalb zu einem Aufbauseminar verdonnert worden sind, verdoppelt sich die Probezeit auf vier Jahre. Die Dauer der Probezeit bestimmt man also durch seine Fahrweise mehr oder weniger selbst. Die Möglichkeit, durch die freiwillige Teilnahme an einem FSF-Seminar in einer Fahrschule die Probezeit um ein Jahr zu verkürzen (Stichwort: Zweite Ausbildungsphase), gibt es nur noch bis zum 31.12.2010.

Wann muss man zur Nachschulung?

Es gibt eine Faustregel: Ein Aufbauseminar wird fällig bei einem Verkehrsverstoß wegen falschen Verhaltens im Straßenverkehr, den man innerhalb der Probezeit begeht, und der ein Bußgeld von mindestens 40 Euro zur Folge hat. Ab 40 Euro gibt es mindestens einen Flensburger Punkt. Und wenn es Punkte gibt, muss man fast immer zum Aufbauseminar. Darunter fallen zum Beispiel:

  • Geschwindigkeitsmissachtungen ab 21 km/h über dem Limit,
  • Überfahren einer roten Ampel,
  • falsches Überholen,
  • Vorfahrtverletzungen,
  • Alkohol am Steuer, egal welche Menge (0,0-Promille-Grenze für Fahranfänger!)

Die Verkehrsverstöße werden in zwei Gruppen unterteilt: Katalog A und Katalog B (siehe unten). Begeht man EINEN Verstoß aus Katalog A, reicht das schon aus, um zum Besuch eines Aufbauseminars aufgefordert zu werden. Im Katalog B folgt beim ersten Verstoß kein Seminar, aber nach dem zweiten Verstoß ist man dann reif. In der Praxis kommen die Fälle aus Katalog B jedoch nur sehr selten vor.

Falsches Parken (wenn es nicht unbedingt vor einer Feuerwehrzufahrt stattfindet) und andere Verstöße bis 35 Euro fallen dagegen unter die Kategorie Verwarnung. Dabei erwischt zu werden ist zwar ärgerlich, aber im Vergleich mit einer bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat eher zum Durchatmen geeignet. Verwarnungen bis 35 Euro wirken sich nicht auf die Probezeit aus. Für sie gibt es auch keine Flensburger Punkte. Sozusagen Cash and Go.

Wann kommt die Anordnung zum Aufbauseminar?

Angenommen, man begeht einen Verkehrsverstoß, der zu einem Aufbauseminar führen würde. Dann wird zunächst der Bußgeldbescheid zugestellt. Die Aufforderung zur Teilnahme am Aufbauseminar wird in der Regel sehr viel später geschrieben, und je nachdem, wo der Verstoß begangen wurde, auch von einer anderen Behörde. Der »Nachschulungs-Brief« kann sich also mehrere Monate hinauszögern, hier setzt keine Verjährungsfrist ein. Wegen dieser ärgerlichen Verspätung sollte man sich nicht auf Aussagen zum Beispiel vom Polizeibeamten am Unfallort verlassen, wie »da kommt schon nichts...«, sondern sicherheitshalber etwas Kleingeld für das Seminar zurücklegen...

Wird der Führerschein entzogen?

Normalerweise nicht. Es sei denn, das Delikt beinhaltet selbst schon ein Fahrverbot (z.B. Geschwindigkeitüberschreitung um mehr als 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften). Aber Achtung, man muss unbedingt eine Frist beachten: Die Anordnung eines Aufbauseminars ist immer mit einem bestimmten Termin verbunden, bis zu dem man der Straßenverkehrsbehörde tunlichst die Bescheinigung über die Teilnahme an der Nachschulung vorlegen sollte. Wer das nicht kann, muss den Führerschein tatsächlich abgeben, und zwar so lange, bis er die fehlende Bescheinigung vorlegt. Schwierig, wenn man gerade nicht genug Geld zur Verfügung hat, um am Seminar teilzunehmen (ca. 250 Euro). Tipp: Manche Fahrschulen lassen in solchen Fällen mit sich handeln (Anzahlung, Rest später), insbesondere bei ehemaligen Fahrschülern. Für die Wahrung der Frist ist es außerdem sehr wichtig, sich rechtzeitig um einen Seminarplatz zu kümmern, möglichst sofort nachdem man das Schreiben vom Amt erhalten hat. Das kann gar nicht deutlich genug gesagt werden, denn Aufbauseminare finden im Heimatort nicht unbedingt jede Woche statt.

Bringt »Verzögerungstaktik« etwas?

Nein. Es kommt nämlich bei der Anordnung einer Nachschulung nicht darauf an, wann der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden ist, sondern dass man den Verstoß innerhalb der Probezeit begangen hat. Man kann die Nachschulung also nur verhindern, wenn man innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgreich Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hat, der sich bereits auf den Verkehrsverstoß bezieht. Ein Anfechten der Anordnung zum Aufbauseminar ist nicht möglich, sobald die Widerspruchsfrist gegen den ersten Bußgeldbescheid verstrichen ist.


 

Katalog A

(bereits beim ersten A-Delikt wird ein Aufbauseminar angeordnet):

Unfallflucht, unterlassene Hilfeleistung, fahrlässige Tötung oder Körperverletzung, Nötigung, Gefährdung des Straßenverkehrs, Trunkenheit, Fahren unter Drogeneinfluss, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Benutzung unversicherter oder nicht zugelassener Fahrzeuge (z.B. ohne Betriebserlaubnis), verbotene Fahrgastbeförderung, Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot, stark überhöhte Geschwindigkeit (ab 21 km/h Überschreitung), mangelnder Sicherheitsabstand, falsches Überholen, falsches Abbiegen, unerlaubtes Wenden oder Rückwärtsfahren, falsches Verhalten an Bahnübergängen, an öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen, an Zebrastreifen, falsches Verhalten an Ampeln, am STOP-Schild, bei Haltzeichen von Polizeibeamten, Missachten der Vorfahrt.
 

Katalog B

(erst nach zwei B-Delikten wird ein Aufbauseminar angeordnet):

Kennzeichenmissbrauch. Sonstige Straftaten und Verkehrsverstöße aus dem Bußgeldkatalog, die nicht in Katalog A stehen und mindestens 40 EURO Geldbuße kosten.

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Amtliche Prüfungsfrage Nr. 2.8.01-003 / 3 Fehlerpunkte

Ein Fahranfänger hält während der Probezeit nicht an einem STOP-Schild und gefährdet einen anderen Verkehrsteilnehmer. Er erhält dafür einen Bußgeldbescheid sowie einen Eintrag im Verkehrszentralregister. Womit muss er außerdem rechnen?

Mit der Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar

Nach Zahlung des Bußgeldes muss er mit keinen weiteren Maßnahmen rechnen

Amtliche Prüfungsfrage Nr. 2.8.01-002 / 3 Fehlerpunkte

Ein Fahranfänger parkt innerhalb der Probezeit falsch und muss dafür Verwarnungsgeld bezahlen. Womit muss er außerdem rechnen?

Mit der erneuten Ablegung der Fahrerlaubnisprüfung

Nach Zahlung des Verwarnungsgeldes mit keinen weiteren Maßnahmen

Mit der Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar

Amtliche Prüfungsfrage Nr. 2.8.01-005 / 3 Fehlerpunkte

Was führt in der Probezeit zur Anordnung, an einem Aufbauseminar teilzunehmen?

Verkehrsstraftaten, die in das Zentralregister eingetragen werden

Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Bußgeld und Fahrverbot

Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Verwarnungsgeld