Bremsversagen im Gefälle

von Henning Nickaes   
Bremsen im Gefälle

Grell schrillt das Telefon. Alarmruf in der Werkstatt am Großglockner: »Bei Kehre 2 liegt ein Wagen fest. Bremsproblem.«

Die Fahrerin ist schreckensbleich, hat Tränen in den Augen und stammelt: »Plötzlich konnte ich das Bremspedal bis zum Boden durchdrücken. Der Wagen wurde immer schneller! Und dann sah ich den kleinen Weg..«

Der Monteur holt ein Spezialgerät und wechselt die Bremsflüssigkeit aus. Unter dem Auto liegend zieht er Bilanz: »Viele Leute merken gar nicht, dass sie kilometerlang auf der Bremse stehen. An schönen Reisetagen im Sommer kommen solche Fälle bis zu fünf Mal vor, pro Sommer fülle ich 50 bis 70 Liter Bremsflüssigkeit ein.« Seit der verheerenden Brandkatastrophe im Tauerntunnel weichen mehr Urlauber als sonst auf Bergstraßen aus. Am Großglockner ist deshalb die Nachtsperre aufgehoben.

Doch welcher Flachlandfahrer ist fit für eine 12 km lange Strecke, die ihn aus 2500 m Höhe mit 12 % Gefälle und 32 Spitzkehren den Berg herunter führt? Wer verschwendet schon angesichts imposanter Dreitausender und malerischer Gletscher einen Gedanken daran, dass Bremsscheiben bei unüberlegter Bedienung bergab 800 Grad heiß und rot glühend werden können?

Fatale Kettenreaktion

Die enorme Hitze der Bremsscheiben strahlt auf die Bremszylinder aus und lässt die Wassermoleküle in der Bremsflüssigkeit verdampfen. Der Druck auf die Fußbremse presst dann nur noch die entstandenen Dampfblasen zusammen, der Weg des Pedals wird immer länger — bis zum Bodenblech: Die Bremswirkung ist dann gleich Null.

Mit Köpfchen bremsen, damit Ihnen das niemals passiert:

  • Lassen Sie alle zwei Jahre (oder laut Serviceheft) die Bremsflüssigkeit wechseln. Je älter sie ist, desto mehr Wasser enthält sie und ihr Siedepunkt sinkt.
  • Legen Sie bergab rechtzeitig den 2. oder sogar den 1. Gang ein. So übernimmt der Motor die Hauptarbeit. Schalten Sie keinesfalls in den 3. oder 4. Gang hoch!
  • Nie mit der Kupplung bremsen! Manche Fahrer fahren zwar mit niedrigem Gang, treten aber zwischendurch die Kupplung, um etwas schneller zu werden. Tun Sie das nicht! Denn beim Wiedereinkuppeln kann die Mitnehmerscheibe regelrecht explodieren.
  • Wählen Sie bei Automatik Stufe 1 oder 2. Mit »D« würden Sie immer schneller.

Heißgebremst? Keine Wirkung? So wenden Sie die Katastrophe ab:

  • Mehrmals schnell per Pedal »nachpumpen«.
    Das komprimiert die Dampfblasen. Wichtig: anschließend draufbleiben, unbedingt den Pedaldruck halten!
  • Handbremse ziehen.
    Wenn das nicht hilft: niedrigeren Gang notfalls gewaltsam reinwürgen.
  • Flucht in einen Seitenweg.
    Oder per »Blechbremse« an Mauern, Felswänden oder Planken entlangschrammen.

 
  Über den Autor
 
  Henning Nickaes  

Henning Nickaes

auch nur »Nick« genannt und seit 1984 Fahrschulinhaber.
Meine Hobbys sind: Als Fahrlehrer arbeiten, denn die Arbeit macht mir immer noch sehr viel Spaß. Außerdem noch Motorradfahren auf meiner Harley, Tauchen und Erstellen von Tauchfilmen. Eigenes Filmstudio vorhanden. Vizepräsident der Tauchorganisation DIWA und VDTL Kinder-Club Betreuer.

 
     
   E-Mail   Homepage: www.nicks-fahrschule.de  
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Amtliche Prüfungsfrage Nr. 2.7.01-105 / 3 Fehlerpunkte

Sie fahren einen Pkw mit einem ungebremsten Anhänger. Es kommt ein längeres, starkes Gefälle. Was ist richtig?

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Bremse des Pkw durch häufiges Auskuppeln entlasten

Amtliche Prüfungsfrage Nr. 2.7.01-126 / 3 Fehlerpunkte

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Bei Fahrzeugen mit Bremskraftverstärker kann trotz erhöhter Pedalkraft die volle Bremswirkung nicht erreicht werden

Bei Fahrzeugen mit Lenkhilfe wird die Lenkung sofort ungewohnt schwergängig

Amtliche Prüfungsfrage Nr. 1.4.40-002 / 3 Fehlerpunkte

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Bild zur amtlichen Prüfungsfrage Nr. 1.4.40-002

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Der Bremsweg ist im Gefälle länger als in der Ebene